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Saitenschwingung in zeitlicher Auflösung

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Saitenschwingung in zeitlicher Auflösung
03 Versuch zur Saitenschwingung Aufbau.png

Abb.1 Aufbau des Experiments, Blick von rechts

Kurzbeschreibung
Mit einer Leuchte wird der Schatten eines schwingenden Saitenstücks über einen Drehspiegel auf eine Leinwand projiziert. Jedes der reflektierten und über die Leinwand wandernden Bilder zeigt den bewegten Schatten des Saitenstücks. Ab einer genügend hohen Bildfrequenz nimmt der Beobachter durch die sogenannte Nachbildwirkung eine Zusammensetzung der Projektionen wahr, welche die Positionen des Saitenstücks in der chronologischen Reihenfolge abbildet, d.h. als Weg-Zeit-Diagramm.
Kategorien
Mechanik, Akustik
Einordnung in den Lehrplan
Geeignet für: Klasse 9, Klasse 10
Basiskonzept: System, Wechselwirkung
Sonstiges
Durchführungsform Lehrerdemoexperiment, Schülerdemoexperiment
Anzahl Experimente in dieser Unterkategorie 1
Anspruch des Aufbaus mittel
Informationen
Name: Aya Csizmazia
Kontakt: @
Uni: Humboldt-Universität zu Berlin
Betreuer*in: Dr. Nico Westphal, Dr. Franz Boczianowski
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Mit dem im Folgenden beschriebenen Experiment (vgl. Dahnke[1] (1990), S.128f.) wird die Bewegung eines Monochordsaitenstücks im zeitlichen Verlauf untersucht. Der Versuch soll dabei helfen, den Zusammenhang zwischen eines Weg-Zeit-Diagramms und der Schwingungsbewegung zu veranschaulichen. Auch wenn der Versuch zunächst kompliziert erscheint, ist er leicht aufzubauen und bietet durch sein mechanisches Funktionsprinzip im Gegensatz zum Oszilloskop überhaupt erst die Möglichkeit, für Schülerinnen und Schüler greifbar zu werden. Durch die notwendige Dunkelheit im Raum gewinnt man leicht die Aufmerksamkeit des Publikums, welche durch den retrospektiv anmutenden Versuch auch belohnt wird.


Didaktischer Teil

Motivation:
"Wie schwingt eine Saite?" Diese Frage kann interessante Schülervorstellungen zutage legen, z.B. dass die schwingende Saite fortlaufende und nicht stehende Wellen ausbildet. Vergleiche hierzu ein im Internet veröffentlichtes Video zur "Saitenschwingung"[2] (vermutlich aufgenommen mithilfe von "Slit Cam" - Technik). Das Konzept der Wellenausbreitung ist in dieser Beispielvorstellung schon vorhanden, wird aber leider falsch angewendet.
Um die Vorstellung einer schwingenden Saite im Sinne der Schülerinnen und Schüler umfassend zu untersuchen, empfiehlt es sich zunächst die Bewegung der gesamten schwingenden Saite zu betrachten, z.B. mithilfe eines Stroboskops. Hierbei kann man mithilfe von Flageoletts auch stehende Wellen mit mehreren Bäuchen betrachten.
Als Fortsetzung bietet sich das in diesem Artikel beschriebene Demonstrationsexperiment an, welches die Schwingung eines sehr kurzen Saitenstücks in den Vordergrund rückt.

Eingliederung im Unterricht:
Geeignet ist das Demonstrationsexperiment für die Jahrgangsstufen 9 und 10. In Berlin kann es nach Rahmenlehrplan[3] für Sek II zum Beispiel im Pflichtbereich Von der Quelle zum Empfänger oder im Wahlpflichtbereich Schwingungen, die man hört: (Themenfeld: Schwingungen und Wellen) eingesetzt werden. Folgende Kompetenzen können dabei gefördert werden:
„Die Schülerinnen und Schüler nutzen Diagramme zur Beschreibung von Schwingungen und Wellen und unterscheiden bei der Sinusfunktion zwischen Frequenz und Amplitude“(siehe RLP, S.47.)[3]
„Die Schülerinnen und Schüler interpretieren graphische Darstellungen von Schwingungen und Wellen im Hinblick auf die akustischen Kenngrößen“ (siehe RLP, S.56.)[3]

Um ihnen den Umgang mit den physikalischen Kenngrößen zu erleichtern, sollte es nicht nur Ziel sein, die Schülerinnen und Schüler für den Unterschied der Fachbegriffe „Schwingungen“ und „Wellen“ zu sensibilisieren, sondern ihnen auch den gedanklichen Weg von der Bewegung zu ihrer Darstellung plausibel zu machen.

Didaktischer Wert des Experiments:
Mit einem Mikrofon und Oszilloskop lässt sich die Saitenschwingung auf einer Zeitachse darstellen. Die Untersuchung der akustischen Kenngrößen kann dabei schon stattfinden, allerdings bleibt durch die Elektronik der Weg von der Aufnahme bis zur Darstellung intransparent für die Schülerinnen und Schüler.
Der hier vorgestellte Versuch ist komplizierter im Aufbau und auch nicht selbsterklärend. Wie in der Versuchsbeschreibung weiter unten dargestellt, ist eine optische Täuschung in Form der sogenannten Nachbildwirkung ausschlaggebend für das letztendliche Ergebnis. Die im Versuch auftretenden Erscheinungen müssen also im Unterricht ausreichend diskutiert, aber auch gut erklärt werden.
Die „Blackbox Oszilloskop“ kann somit umgangen werden, während der Schritt von der Schwingungsbewegung zu seiner Darstellung durch die rein mechanischen Abläufe überhaupt erst transparent und damit auch nachvollziehbar gemacht werden können.

Versuchsanleitung

In der im Folgenden beschriebenen Versuchsanordnung wird eine Monochordsaite seitlich mit einer Leuchte angestrahlt. Das Lichtbündel fällt dann durch einen 5mm breiten Einzelspalt, so dass man dahinter den Schatten eines Saitenausschnitts abbilden kann: mit einer Anordnung aus einer Sammellinse und einem ruhenden Drehspiegel wird das Bild des Schattens auf eine Leinwand projiziert. Mit der Sammellinse hat man die Möglichkeit, Einfluss auf die Bildweite und -größe zu nehmen und den Schatten so ausreichend scharf abzubilden. Bei einem ruhenden Drehspiegel ist der Schatten des Saitenabschnitts auf der Leinwand zu sehen. Wird die Saite bewegt, so verhält sich das Schattenbild immer reziprok dazu, weil die Sammellinse das reale Bild invertiert. Bei einer sich langsam im Uhrzeigersinn drehenden Spiegeltrommel wandert die Reflexion mit der sich drehenden Spiegelfläche über die Leinwand bis diese von der nächsten abgelöst wird. So wandert das Bild wiederholt von links nach rechts. Eine Bewegung der Saite wird innerhalb eines schmalen Einzelbildes abgebildet und nachfolgend durch das neue, bewegte Schattenbild. Die sich abwechselnden schmalen Schattenbilder hinterlassen auf der Netzhaut des Beobachters nachwirkende Lichtreize ("Nachbildwirkung"). Aufgrund seines begrenzten Auflösungsvermögens können die nachklingenden und neu erfassten visuellen Reize ab einer bestimmten Bildrate nicht mehr voneinander getrennt wahrgenommen werden. Dreht sich der Drehspiegel schnell genug, erscheint dem Beobachter eine horizontale Aneinanderreihung der bewegten Schattenbilder verschiedener Zeiten


Abb.2 Versuchsaufbau von vorne

Aufbau

Benötigt werden:

1 Experimentierleuchte: Halogenleuchte 12 V; 50 W (450 64, Leybold)
1 Netzgerät (12V/5A max.) und 2 Laborkabel je 1,50m
1 Monochord: dreisaitig (41401, Leybold), mit verschieden gestimmten Saiten werden Schwingungsbilder in rascher Abfolge miteinander verglichen.
1 Einfachspalt: 5mm Breite (460 14, Leybold).
1 Sammellinse +200mm Brennweite (460 04, Leybold).
1 Drehspiegel: sechsflächige Spiegeltrommel-Apparatur des Herstellers VEB Polytechnik[4] (DDR) mit passendem Adapter.
1 Schirm: 30cm x 40cm, umhüllt mit einem schwarzen Tuch. Der Schirm wird direkt hinter der Leuchte platziert um Streulicht zu vermeiden.
1 Leinwand: 120cm x 120cm.
1 optische Bank (1m) mit 3 Reitern
2 Hebebühnen
Abb.3: Skizze des Versuchsaufbaus


Der Versuch wird gemäß Abbildung 3 aufgebaut. Das Netzgerät steht hierbei zugunsten der Übersichtlichkeit unter dem Experimentiertisch. Der Einzelspalt ist 10cm vor der Saite, die sich der Leuchte am nächsten befindet, auf der optischen Bank montiert. Der Abstand dieser Saite zur Linse beträgt 22cm und zur Spiegelfläche 45cm. Die Leinwand wird wie in der Abbildung 1,75m vom Spiegel entfernt aufgestellt. Der Reiter, welcher die Linse trägt wird nicht fixiert, so dass man ihn noch verschieben kann. Der Raum wird zur Justierung verdunkelt.


Hinweise zur Justierung:

Zunächst wird der Lichtkegel der Experimentierleuchte gebündelt und so ausgerichtet, dass er parallel zur optischen Bank verläuft und dabei die Spiegelfläche trifft. Das Monochord wird mit den Hebebühnen gleichmäßig angehoben bis seine Saiten mittig im Lichtbündel sind. Einzelspalt und Linse werden inderselben Höhe eingerichtet. Der Schirm wird hinter der Leuchte so weit es möglich ist, an das Monochord gerückt. Der Spiegel wird so weit gedreht, dass das reflektierte Licht auf der Leinwand erscheint und mittig der Schatten eines Saitenabschnitts zu erkennen ist. Mit dem Verschieben der Linse kann man nun je einen Schatten einer Monochordsaite abbilden.


Bedienung des VEB-Drehspiegels:

Abb.4 Einstellung für eine Frequenz von ca. 1Hz
Abb.5 Justiervorrichtungen beim Drehspiegel

Mit Eindrehen von Schraube 1 (siehe Abb.5) wird der Anpressdruck der Antriebsachse verringert bis das Gummirädchen die Drehscheibe nicht mehr berührt. Dann wird der Positionsschlitten in Richtung Drehspiegel geschoben bis sich das Gummirädchen unter der Drehscheibe auf Höhe der ersten ringförmigen Einkerbung (siehe Abb.4) befindet und mit Schraube 2 fixiert. Sobald nun die Apparatur mithilfe eines Adapters an einer Spannungsquelle angeschlossen ist, wird das Rad am Synchronmotor per Hand in Bewegung versetzt. Während sich der Spiegel dreht, erhöht man mit Schraube 1 den Anpressdruck der Antriebsachse bis das Gummirädchen die Drehscheibe berührt. Der Druck wird so justiert, dass sich die Scheibe 'gleichmäßig' mit dem Rädchen dreht.


Durchführung

Die Leuchte wird eingeschaltet und der Raum vollständig abgedunkelt. Der Spiegel wird so verstellt, dass auf der Leinwand der Schattenabschnitt (siehe Abb.5) zu sehen ist. Mit Verschieben der Linse wird dieses Bild scharfgestellt.

[A] Die Saite wird angezupft und der Schatten beobachtet.

[B] Während des wiederholten Zupfens wird per Hand der Drehspiegel im Uhrzeigersinn gedreht und der Schatten beobachtet.

[C] Nun wird bei ruhender Saite der Drehspiegel in Betrieb genommen, wobei auch dieser sich im Uhrzeigersinn dreht (siehe Abb.6).

[D] Wieder wird die Saite gezupft und die Projektion dabei betrachtet (siehe Abb.7).

[E] Mit Verschieben der Linse fokussiert man die nächste Saite und wiederholt den Vorgang (siehe Abb.8).


Abb.5 Bild bei ruhendem Drehspiegel
Abb.6 Zeitliche Auflösung bei ruhender Saite
Abb.7 Zeitliche Auflösung bei schwingender Saite tieferer Frequenz
Abb.8 Zeitliche Auflösung bei schwingender Saite höherer Frequenz

Ergebnisse

zu [A]: Das schmale Schattenbild des Saitenstücks führt eine Schwingung in vertikaler Richtung aus. Die Bewegung verhält sich reziprok zum Vorbild.

zu [B]: Das bewegte Schattenbild wandert wiederholt von links nach rechts über die Leinwand. Die Bewegung des Saitenausschnitts lässt sich so durch die sich abwechselnden Einzelbilder kontinuierlich und lückenlos beobachten.

zu [C]: Auf der Leinwand erscheint statt der einzelnen "Wanderbilder" nun ein langgezogenes Bild mit einem langen Schatten (vgl. Abb.6).

zu [D]: Auf der Leinwand ist eine periodische, wellenförmige Kurve zu erkennen, bei der der Abstand der Wellenberge gleich bleibt. Die Kurvenfigur wandert in horizontaler Richtung während die Auslenkung in vertikaler Richtung mit der Zeit abklingt. Bei wiederholtem Zupfen gleicher Art ist die Erscheinung immer diesselbe. Zupft man aber die Saite stärker, so sind Auslenkung und Lautstärke größer (vgl. Abb.7).

zu [E]: Die höher gestimmte Saite wirft beim Anzupfen einen Schatten mit deutlich mehr Wellenbergen, bzw. -tälern. Der Zupfende muss stärker zupfen, um dieselbe Amplitude zu erreichen wie bei der Saite zuvor (vgl. Abb.8).

Auswertung

Der Saitenabschnitt vollführt eine eindimensionale Bewegung um seinen Ruhepunkt herum (Schwingung) wobei starkes Zupfen zu einer großen Anfangsamplitude und einer hohen Lautstärke führt und schwaches Zupfen entsprechend umgekehrt. Die wellenförmige Kurvenerscheinung bei hoher Bildrate stellt den Bewegungsverlauf in der zeitlichen Reihenfolge dar. Viele Wellenberge in der Erscheinung entsprechen einer höheren Schwingungsfrequenz und damit einer höher gestimmten Saite während wenige Wellenberge im selben Bildformat zu einer tiefer gestimmten Saite gehören. Im Verlauf der Zeit klingt die Bewegung des Saitenabschnitts ab, wobei sich nur die Amplitude zusammen mit der Lautstärke verringert, die Frequenz, zu sehen an den Abständen der Wellenberge, bleibt hierbei diesselbe.

Anmerkung: Auch wenn die Erscheinung wellenförmig aussieht, "vollführt" der Abschnitt selbst keine Welle. Er ist Ausbreitungsmittel der Wellenüberlagerung, die sich über die Saite hinweg ausbreitet und sich zu einer stehenden Welle ausbildet. Dementsprechend haben die Abstände der Wellenberge auch nichts mit der Wellenlänge zu tun, sondern sie sind ein Maß für die Schwingungsfrequenz.

Sicherheitshinweise

Es sind keine besonderen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen.

Literatur

  1. Dahnke, Helmut [Hrsg] u.a. (1990): Handbuch des Physikunterrichts: Sekundarbereich I (2.Band) Mechanik II, Aulis-Verlag, Köln.
  2. http://www.virus4fun.ch/gitarren-schwingungen-mit-iphone-4-gefilmt, abgerufen am 30.3.2015.
  3. 3,0 3,1 3,2 https://www.berlin.de/imperia/md/content/sen-bildung/schulorganisation/lehrplaene/sek1_physik.pdf, abgerufen am 30.3.2015.
  4. https://wikis.hu-berlin.de/maf/Drehspiegel, abgerufen am 30.3.2015.

Siehe auch